Leute

 

Leute im Allgemein


Was mir am meisten auffällt: Die dänische Gesellschaft scheint immer noch den Idealen der 68er verpflichtet zu sein. Zum Einen gibt es in Kopenhagen die einzige geduldete Kifferstadt in Europa: Christiania. In den 80ern haben Autonome ein ehemaliges Militärgelände lediglich 500 m vom dänischen Parlamentsgebäude besetzt und zu einer selbständigen Republik erklärt, näturlich mit verfassungsrechtlich garantierter Drogengenussfreiheit. Obwohl Drogen auch in Dänemark eigentlich verboten sind, wird auf der Pusher Street fleissig Gras verkauft. Ab und zu, so wie letzten Frühling, führt die Polizei eine grössere, mehrtägige Razzia inkl. Kleingefechten durch, um mal wieder zu demonstrieren, wer hier eigentlich der Chef ist. Aber ansonsten werden die Kiffer in Ruhe gelassen und sind eine Touristenattraktion. Selbst die für Ihre ausgesprochene Toleranz bekannten Holländer setzen in letzter Zeit die dänische Regierung unter Druck, etwas gegen die offene Drogenszene zu unternehmen. Zusammen mit Schweden und Norwegen wollen sie den Drogentourismus in Nordeuropa unterbinden. Eine daraus resultierende Massnahme konnte ich selber erfahren. Als ich nach einer Konferenz von Amsterdam zurück nach Kopenhagen flog, warteten am Ausgang des Gates ein Einsatzteam der Drogenfahndung mit ihren nach Gras lechzenden Hunden.

 

Die Dänen zeichnen sich auch auf anderen Gebieten durch eine sehr liberale Haltung aus, so werden z. B. Kinder meist antiautoritär erzogen, wird jeder per Du mit dem Vornamen angesprochen, es gelten keine besonderen Tischregeln usw. Doch - eine Ausnahme gibt es: Hebt jemand wärhrend des Essens das Glas (vorwiegend mit Bier gefüllt) und schreit 'Skål!', hat jeder sofort Messer und Gabel fallen zu lassen und den Toast lauthals zu erwidern. Da hat sich wohl ein jahrhundertalter Wikingerbrauch erhalten.

 

Das gut ausgebaute Sozialsystem führte zusammen mit der liberalen Haltung auch zu einer eher sozialistisch getrimmten Gesellschaft. Im geschäftlichen Leben sind oft sehr flache Hierarchien anzutreffen. Generell herrscht die Meinung vor, dass jeder gleichviel Wert sei und keiner etwa von sich denken soll, er sei was besonderes. Das kann sich positiv auf das Verhältnis zu Chef oder Professor auswirken, da sich dieser nicht wie ein launischer Gott aufführen kann, hat aber auch negative Auswirkungen auf die Qualität von Dienstleistungen (wo kein König, da auch kein Diener) und die Höhe des Lohnes (für gutqualifizierte Leute natürlich ;-) )

 

Und noch was Liberales: Nach zwölf Uhr Mitternacht laufen auf den öffentlichen (!) Fernsehkanälen die herbsten Pornofilme... (man erinnere sich: Dänemark war das erste Land, das Pornografie legalisierte).

 

 

Leute im Speziellen: Frauen


Nun ja, auch die Frauen erinnern wiederum an die wilden 68er. Zwar trifft man auf sehr viele grosse, blonde und hübsche Frauen, diese finden jedoch nichts dabei, sich in schrillen, rosaroten Mäntel und ausgetretenen Wildlederstiefeln, blumigen Röcken und Vierfrucht-T-Shirts zu kleiden. Wer die teuer-dezenten zürcher Schicki-Micki Mädels gewohnt ist, wird hier manchmal von der Buntheit überrascht sein. Die Mädels in Kopenhagen trifft man auch Samstag Abend bei klirrender, arktischer Kälte im Minirock auf der Strasse! Und seit die Alkoholsteuern gesenkt wurden, wird auch kräftig gebechert. Am Wochenende fällt dann die von hohen Alkoholsteuern geplagte schwedische Jugend aus Malmö in Kopenhagen ein. Seit die Øresund-Brücke steht, geht das sehr einfach per Bahn.

 

 

Tja, das mit dem Alkohol ist eh so ne Sache. Da kann man sich mit einem eher schüchteren Dänen an den Tisch setzten - nach vier Bieren ist aus ihm der tollste Feger geworden. Mädels rutschen plötzlich auf den Knien ihrer Kollegen herum, obwohl zu Hause ein Freund wartet. Und Jungs können gern mal einfach ein Mädel an der Hüfte umarmen, auch wenn der Freund keine drei Meter daneben steht. So geschehen am berüchtigten Julefrokost, dem Weihnachtsessen. Das Weihnachtsessen in Dänemark ist im wesentlichen eine 12-stündige Saufparty, die um 12 Uhr mittags beginnt. Zuerst wird bis fast 17 Uhr gegessen - Smørrebrød, roher Heering, Schweinssteak, Kuchen. Der Fisch wird mit reichlich Akvavit, dänischem Schnaps, runtergespült. Darauf folgt Freibier, Musik inkl. Dancefloor usw. was gut bis 12 Uhr nachts dauern kann. Aber lustig wars...

 

 
 
 
 
 
 
 
 

updated: April 2, 2005